Artikel "The appeal of the good life: Strategies for communicating sufficiency"
- Mailin Modrack
- vor 1 Stunde
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In ihrem aktuellen Artikel „The Appeal of the Good Life: Strategies for Communicating Sufficiency Practices and Policies“ argumentieren Amri-Henkel, Zheng, Holzhausen et al. (2025) dafür, Suffizienz nicht nur als ökologische Notwendigkeit, sondern als sozial relevanten Bestandteil eines guten Lebens zu vermitteln. Dabei werden alltägliche Bedürfnisse, soziale Gerechtigkeit und qualitative Lebensziele in den Mittelpunkt einer suffizienzorientierten Kommunikationsstrategie gestellt.
Der Begriff Suffizienz meint hier das Bewusstsein und die Praxis, mit weniger Ressourcen ein erfülltes Leben zu führen, ohne dabei Lebensqualität, Zeitwohlstand oder soziale Teilhabe zu mindern. Ziel ist es, sowohl politische Maßnahmen als auch alltägliche Praktiken so zu gestalten, dass sie ein besseres Gleichgewicht zwischen Konsum, Zeitressourcen und tatsächlichem Wohlbefinden fördern.
1. Suffizienz im Alltag: Zeit statt Konsum
Ein zentrales Beispiel im Artikel ist die Vermittlung von Suffizienz durch konkrete Praktiken, die den Fokus von materiellem Konsum auf zeitliche Qualität verschieben. So wird vorgeschlagen, Kommunikationsstrategien nicht über Umweltzahlen, sondern über Alltagsnutzen zu gestalten, z. B.:
Zeit für Freizeit und soziale Begegnungen hervorheben, statt Druck zur Effizienzsteigerung (z. B. schneller Konsum oder Arbeitsverdichtung).
Narrative, die zeigt, wie weniger Besitz zu mehr Zeit für Beziehungen führt (z. B. durch Reduktion von Arbeitsstunden oder Pendelzeit).
Dies verdeutlicht, dass Suffizienzpraxiszienzpraxis nicht nur ökologische Vorteile hat, sondern subjektives Wohlbefinden steigern kann, wenn Zeitwohlstand als positive Ressource eingerahmt wird.
2. Suffizienz und soziale Gerechtigkeit
Der Artikel betont, dass Suffizienz nicht gleichbedeutend mit Verzicht allein für privilegierte Gruppen sein darf. Stattdessen wird Suffizienz so kommuniziert, dass sie:
soziale Gerechtigkeitsfragen integriert (z. B. Zugang zu Zeitwohlstand unabhängig vom Einkommen),
und Lebensqualität auch in strukturell benachteiligten Lebenslagen als realistisch und erstrebenswert darstellt.
Damit geht das Modell über rein individuelle Verhaltensänderung hinaus und richtet sich auch an kommunale und politische Rahmenbedingungen, etwa Arbeitszeitpolitik oder Zugang zu öffentlicher Infrastruktur.
3. Suffizienz als kommunikative Brücke
Im Artikel wird betont, dass die Art und Weise, wie Suffizienz kommuniziert wird, entscheidend ist:
Alltagsnahe Beispiele (Zeit für Familie, Zeitersparnis bei Routinen, oder weniger Stress durch vereinfachte Lebensstile) vermitteln Suffizienz als attraktiven Lebensstil.
Kommunikationsstrategien sollen vermeiden, Suffizienz als „Verzicht“ darzustellen, sondern als Gewinn an Lebensqualität.
Damit werden psychologische Mechanismen angesprochen, die Menschen eher motivieren, suffizientes Handeln als Gewinn zu erleben – z. B. durch Betonung von mehr Freizeit, weniger Stress und mehr Autonomie über die eigene Zeit.
Bezug zu Zeitwohlstand und Wohlbefinden
Die Beispiele greifen zentrale Aspekte auf, die auch in der Zeitwohlstands-Forschung wiederzufinden sind. Zeitwohlstand wird in der Literatur häufig als ein interaktives Konstrukt verstanden, das ausreichende, selbstbestimmte Zeit mit Lebenszufriedenheit verbindet. Time wealth umfasst nicht nur Zeitquantität, sondern auch Planbarkeit, Autonomie und Synchronisation mit sozialen Anforderungen – und ist empirisch mit höherer Lebenszufriedenheit verbunden.
Dies lässt sich direkt mit den Praktiken aus dem Artikel verknüpfen:
Mehr Autonomie über Zeit (z. B. durch Arbeitszeitgestaltung) fördert Zeitwohlstand und ist zugleich ein zentrales Argument in Suffizienzkommunikation.
Zeit für bedeutungsvolle Aktivitäten (Familie, soziales Engagement, Erholung) ist sowohl Ausdruck von Suffizienz als auch indikatorisch für subjektives Wohlbefinden.
Fazit
Der Artikel von Amri-Henkel et al. (2025) liefert konkrete Beispiele dafür, wie Suffizienz als positive, zeitbezogene Lebensstrategie vermittelt werden kann. Anstatt vor allem Umweltzahlen zu betonen, werden Lebensqualität, soziale Gerechtigkeit und Alltagspraxen in den Vordergrund gerückt – was ein hilfreiches Kommunikationsmodell darstellt für jene, die Zeitwohlstand als Teil eines ganzheitlichen Wohlbefindens begreifen. Diese Perspektive lässt sich fruchtbar in Positive-Psychologie-Modelle integrieren, etwa im Sinne einer zeitlichen Bedingung dafür, dass PERMA-Komponenten erlebt werden können.
Quelle
Amri-Henkel, Andrea, Yue Zheng, Gisa Holzhausen, Benjamin Zeck, Stefan Dauwe, Juri Horst, Florian Noll, and Ingo Uhlig. 2025. The appeal of the good life: strategies for communicating sufficiency practices and policies. Sustainability: Science, Practice and Policy, 21(1). https://doi.org/10.1080/15487733.2025.2592390

