Für die Positive Psychologie ist in den letzten Jahren auch in Asien ein spürbares Momentum festzustellen. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen. Der rasante politische und ökonomische Aufschwung Chinas und anderer asiatischer Staaten in der Welt hat zu einem wachsenden Interesse an der Psychologie der dortigen Völker geführt. An zweiter Stelle ist zu nennen, dass die Abteilung für Psychologie an der weltberühmten Tsinghua Universität in Peking ihren Schwerpunkt auf die Positive Psychologie legt. Zu dieser neuen Dynamik der PP in Asien hat auch beigetragen, dass hier in den letzten Jahren bereits mehrere internationale Konferenzen zur Positiven Psychologie stattgefunden haben. Last but not least ist zu nennen, dass es in einigen asiatischen Staaten von den Regierungen geförderte Glücks-Kampagnen gibt.
Das ändert aber wie Dr. Wong unterstreicht nichts an der Tatsache, dass die Positive Psychologie grundsätzlich an die jeweilige Kultur gebunden ist. Was Glück oder ein gutes Leben meint, hängt entscheidend von den zugrundeliegenden Werten ab, die sich wiederum aus den kulturellen Normen ableiten. Die Erfahrung, was sinnvoll ist, gründet sich auf historischen und kulturellen Zusammenhängen.
In China haben z.B. die historischen Erfahrungen mehrerer Jahrtausende und die Lehren des Konfuzianismus, des Taoismus und des Buddhismus die Grundlagen für die dortige Mentalität gelegt. Diese Erfahrungen und Lehren haben nach Dr. Wong sechs kulturelle Überzeugungen hervorgebracht, die im asiatischen, insbesondere im chinesischen Denken, vorherrschend sind.
An erster Stelle ist zu nennen, dass die Menschen die äußere Welt im wesentlichen als etwas wahrnehmen, das sich nicht kontrollieren lässt. Die Welt ist unkontrollierbar.
Zweitens ist das Gefühl zu hervorzuheben, dass Wandel allgegenwärtig ist. Alles ist im Fluss und das Glück kann sich jeden Augenblick in seinGegenteil verkehren.
Aus beiden resultiert drittens ein tief sitzender Fatalismus. Wenn man die äußere Welt nicht ändern kann und alles einer ständigen Veränderung unterworfen ist, braucht man keine Schuld oder Scham zu empfinden, wenn etwas schief läuft.
Zu dieser Aufzählung zählt die Überzeugung, dass es in der Natur und im menschlichen Leben stets eine Dualität gegensätzlicher Positionen gibt, die nebeneinander existieren und sich regelmäig ablösen. Die Flut folgt der Ebbe. Der Tag löst die Nacht ab. Gut steht neben böse, etc..
Zu diesen kulturellen Glaubensgrundsätzen gehört die Erfahrung und Überzeugung, dass man Probleme gemeinsam, im Kollektiv lösen muss. Ein umfassender Kollektivismus ist in der Gesellschaft tief verankert.
Trotz dieser oben genannten Überzeugungen glauben die Chinesen an den Sinn und die Nützlichkeit, sich stets und immer anzustrengen, um das beste aus einer Situation zu machen. Das betrifft zuerst eine hohe Arbeitsethik. Es schließt das Bemühen ein, Tugenden zu kultivieren. Nicht zuletzt gehört dazu die Pflege von engen Beziehungen zu Familienmitgliedern und Freunden.
Ausgehend von diesem Weltbild und den daraus abgeleiteten Werten wird sichtbar, dass nach Auffassung von Dr. Wong die PP in China und den benachtbarten asiatischen Staaten andere Akzente in ihrer Forschung und der Umsetzung dieser Ergebnisse in der Praxis als die amerikanisch-europäische Variante der Positiven Psychologie setzen muss. So werden in der VR China anders als in Amerika und Europa Ausgleich und Mäßigung deutlich höher als die Erreichung individueller Wirksamkeit und persönlichen Glücks angesehen. Harmonie der Gruppe wird mehr geschätzt als individueller Erfolg. Zufriedenheit ist danach der Schlüssel zu einem dauerhaften Glück. Mehr dazu finden Sie hier.
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