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Positive Psychologie: Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit

Aktualisiert: 24. Nov. 2021


die Zukunft der PP, die Gegenwart der PP, die Vergangenheit der PP

In seinem Kongressvortrag ließ Professor Seligman die vergangenen 50 Jahre seiner psychologischen Forschung Revue passieren. Er führte dabei die verschiedenen Stationen auf, die ihn schlussendlich zur Positiven Psychologie geführt haben.

Zu Beginn seiner Forschungen beschäftigte sich Martin Seligman primär mit der erlernten Hilflosigkeit. Das war seine erste wissenschaftliche Station.

 

Martin Seligman ist der Ansicht, dass Menschen, die an einer Depression leiden, sich in einem Zustand der erlernten Hilflosigkeit befinden. Der Begriff beschreibt die Erwartung eines Individuums, bestimmte Situationen oder Sachverhalte nicht kontrollieren und beeinflussen zu können. Es wird davon ausgegangen, dass Personen so ihr Verhaltensrepertoire einengen und als unangenehm erlebte Zustände nicht mehr abstellen, obwohl sie es von

außen betrachtet könnten. Aktuelle Forschungen zeigen, dass ein Zentrum im Gehirn existiert (der Dorsal refrain nucleus), das in einem engen Zusammenhang mit dem Zustand der erlernten Hilflosigkeit steht. Besonders wichtig ist Professor Seligman die Entdeckung, dass Schaltkreise im Gehirn aktiv sind, die Teile des frontalen Kortex und den Dorsal refrain nucleus verbinden. Wenn diese Schaltkreise einmal identifiziert sind, kann auf sie eingewirkt werden, um die erlernte Hilflosigkeit zu beeinflussen. Für die mittelbare Zukunft sieht Martin Seligman darin die Chance, dass die Neurowissenschaft effektive Wege findet, um Depressionen wirksam zurückzudrängen.

Ein zweiter Forschungsbereich, den Martin Seligman vorstellte, befasst sich mit der Theorie des biologischen Vorbereitetseins (preparedness). Nach seiner Auffassung können Sachverhalte leichter als andere erlernt werden, wenn sie biologisch vorbereitet sind. Heute beschäftigt sich die Evolutionspsychologie mit dieser Frage. Von hier führt der Weg zur Theorie der Entsprechung (theory of correspondance). Sie zeigt auf, wieviel leichter wir etwas erlernen, wenn die neuen Fakten mit unserem bisherigen Wissen korrespondieren. Für die Zukunft sieht Martin Seligman die Aufgabe darin, die Dinge noch besser auszuleuchten, die in unserem Bewußtsein fest verankert sind und die uns helfen, neues Wissen und neue Fakten festzuhalten und zu merken.

Ein dritter Wissenschaftsbereich, den Martin Seligman vorstellte, dreht sich um das Thema des erlernten Optimismus. Nach der Erkenntnis von Wissenschaftlern wie Christopher Peterson, Sonja Lyubomirsky u.a. kann man eine optimistische Lebenshaltung erlernen. Auch die Erfahrung von Professor Seligman bestätigt, dass Menschen, die tatkräftig und optimistisch an die Dinge herangehen, eine bessere Widerstandskraft gegen Depressionen besitzen. Heute gibt es bereits zahlreiche Trainingsprogramme, um die Resilienz von Personen zielstrebig zu entwickeln. Nach Professor Seligman besteht in der mittleren Zukunft die Chance, auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen, indem die Menschen lernen, dass Pessimismus ein Risikofaktor für solche Erkrankungen ist und entsprechend darauf reagieren.

Ein viertes Forschungsfeld kreist um den sogenannten Homo prospectus, den Menschen der Zukunftserwartung. Nach Ansicht von Martin Seligman hat die Psychologie sich bisher einseitig mit der psychologischen Verfassung des Menschen befasst, die aus seiner Vergangenheit resultiert bzw. mit seinen aktuellen Lebensumständen zu tun hat. Nach seiner Auffassung geht es jetzt darum, die Zukunftserwartungen der Individuen einzubeziehen, wenn man sich mit ihrer Psychologie auseinandersetzt. Nach Ansicht von Professor Seligman sind die Menschen zukunftsorientiert. Sie beziehen immer auch Erwartungen über die Zukunft in ihre aktuellen Handlungen mit ein. Unter diesem Blickwinkel sind Depressionen nicht nur Störungen, die aus Vergangenheit und Gegenwart resultieren, sondern solche, die durch zukünftige negative Erwartungen ausgelöst werden.

Der fünfte große Problemkreis beschäftigte sich mit der eigentlichen Positiven Psychologie. Der Auffassung von Professor Seligman zu Folge ging es anfangs darum zu bestimmen, was Wohlbefinden überhaupt ist und was "positiv" eigentlich bedeutet. Es ging darum, eine Theorie des Glücks zu begründen, Messmethoden zu erarbeiten und die verschiedenen Interventionen zu entwickeln. Seinen Denkansatz sieht Martin Seligman in dem Begriff PERMA zusammengefasst. Das Wort setzt sich aus den Anfangsbuchstaben von positiven Emotionen, Engage-ment, gute Relationen/Beziehungen, meaning (Sinn) und accomplishment (Umsetzung) zusammen. Für Professor Seligman geht es heute um die Suche nach Wegen, um weltweit immer mehr PERMA zu schaffen.

Als aktuelle Aufgabenstellung geht es seiner Ansicht nach darum, mit den Erkenntnissen der Positiven Psychologie verstärkt in die Schulen, Internate und Familien zu gehen. Hier werden nach Auffassung von Martin Seligman die Grundlagen gelegt, dass der Einfluss der Positiven Psy-chologie weiter wächst und tiefe Wurzeln schlägt.

Das ist Professor Seligman deshalb besonders wichtig, da die Welt nach seiner Auffassung einerseits in den letzten Jahrzehnten unleugbare spürbare Fortschritte auf materiellem Gebiet gemacht hat. Andererseits tut sich nach seiner Einschätzung gleichzeitig weltweit ein großes geistiges, politisches und religiöses Vakuum auf. Professor Seligmann hofft, dass die geistigen und politischen Konzepte der Vergangenheit zurückgehen werden und eine völlig neue Struktur entsteht. Er glaubt, dass diese neue geistige Struktur durch die Idee des menschlichen Flourishing und Wohlbefindens gekennzeichnet sein wird.



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