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Gehört die Glücksforschung auf den Prüfstand?

Aktualisiert: 24. Nov. 2021


Sollte man Glück prüfen?

Nun ist das Streben nach Glück und Wohlbefinden so alt wie die Menschheit. Dabei ging es immer auch um das Verhältnis von Wohlfühlglück (hedonistisches Glück) sowie um persönliche Erfüllung und Zufriedenheit auf der Basis von Werten (eudaimonisches Glück).

Die systematische Erforschung dieser zwei Seiten des Glücks hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten zweifellos einen deutlichen Aufschwung genommen.

Dafür steht nicht zuletzt der Begriff der Positiven Psychologie und ihr Beitrag für die Erforschung des Glücks.

 

Einen besonderen Anteil haben daran amerikanische Forscher wie Ed Diener, Sonja Lyubomirsky, Barbara Fredrickson und nicht zuletzt Martin Seligman. Die Ergebnisse ihrer Forschung haben einerseits klar gemacht, dass sowohl der Einzelne als auch Gruppen und ganze Nationen etwas dafür tun können, um das persönliche und allgemeine Wohlbefinden zu stärken. Andererseits haben zahlreiche empirische Untersuchungen der Forschung über das Glück auch gezeigt, dass es ein Optimum beim Streben nach Glück gibt und auch ein Zuviel positiver Handlungen das Gegenteil des angestrebten Ziels bewirken kann (Dazu hier mehr).

Es ist beinahe zwangsläufig, dass die Glücksforschung im Allgemeinen und die Positive Psychologie im Besonderen auch auf die Daten zurückgreift, die heute täglich durch die sozialen Medien produziert werden und frei im Internet verfügbar sind. Musste man vor einigen Jahren noch ausgewählte Versuchspersonen Fragebögen ausfüllen lassen, was ihnen beispielsweise das persönliche Glück bedeutet, so sind heute im Internet Millionen Kommentare zu diesem Thema verfügbar und können für die empirische Forschung genutzt werden (Einen Beitrag zu diesem Problemfeld hier).

Natürlich stellt sich auch bei dieser Form der empirischen

Forschung mit Big Data stets die Frage, wie die Interessen des Einzelnen geschützt werden und wie das gewonnene Wissen nicht zu manipulativen Zwecken eingesetzt wird.

Hier setzt der Kritiker der Glücksforschung S. Žižek an und geht noch einen deutlichen Schritt weiter. Er stellt die Behauptung auf, dass kaltschnäuzige Manipulation und das Engagement für Liebe sowie menschliches Glück zwei Seiten einer Medaille seien. Er beruft sich dabei auf einen Beitrag von Tamsin Shaw in der New York Review of Books vom 21. März, die einen Beitrag über den neuen militärisch-industriellen Komplex der psychologischen Kriegsführung mit großen Datenmengen veröffentlicht hat. (Zu diesem Thema hat sie sich bereits 2016 geäußert. Wir haben hier dazu unseren Kommentar abgegeben.)

Auf den Spuren von Tamsin Shaw entdeckt S. Žižek in der Person von Prof. Martin Seligman die Verkörperung der Überschneidung von Forschung zu Themen wie Liebe und Güte mit militärischen und geheimdienstlichen Interessen.

Nach Ansicht von S. Žižek lassen sich Individuen besser steuern, wenn sie sich als Gestalter ihres Lebens verstehen. Welche geschichtlichen Erfahrungen oder empirischen Erkenntnisse führt er dafür an? Keine! Der Begriff des Glücks sei verworren, unbestimmt und inkonsistent. S. Žižek beruft sich dabei wie in anderen Veröffentlichungen auf Georg Friedrich Hegel, um seiner Besserwisserei einen Mantel der philosophischen Tiefe zu verleihen.

Eine Steigerung erfährt diese verquaste Argumentation, wenn S. Žižek feststellt, dass Wahrheit und Glück nicht zusammen passen würden. Als Argument dafür führt er an, dass linke Parteien sich heimlich freuen würden, wenn sie Wahlen verloren haben, da sie sowieso nicht gewusst hätten, was sie nach dem Wahlsieg machen sollten???

S. Žižek schließt mit der Feststellung, dass Wahrheit und Glück nicht zusammen passen würden. Die Wahrheit sei schmerzlich. Sie bringe Instabilität und störe den Ablauf des täglichen Lebens.

Der Mann ist nur zu bedauern, dass er nicht weiß oder anerkennen will, dass Glück auch darin besteht, Leid und Schmerzen ertragen und mit Instabilität leben zu können.

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