Positive Psychotherapie: Von den Chancen und Herausforderungen eines wachsenden Feldes
- Mailin Modrack
- 28. März
- 3 Min. Lesezeit

Was würde passieren, wenn wir Menschen in ihrer psychischen Funktionalität ganzheitlich betrachteten? Wie würde sich unser Blick für- und aufeinander verändern, wenn wir statt „fix what's wrong“ auch in Richtung von „build what's strong“ blicken würden? Und welche Grenzen müssen wir wahren, wenn wir die Ansätze der Positiven Psychologie in therapeutische Kontexte integrieren?
Die Positive Psychotherapie ist eine ressourcenorientierte psychotherapeutische Behandlungsmethode für Einzelpersonen, Paare und Familien. Sie basiert auf einem positiven Menschenbild und hat Anleihen in der humanistischen Psychotherapie, die die Beziehung zwischen Therapeut*in und Klient*in sowie das Gespräch zwischen beiden als wegweisend betont.
Die Positive Psychotherapie wurde erstmalig vom iranisch-deutschen Arzt und Psychiater Nossrat Peseschkian entwickelt und basiert im Wesentlichen auf drei Prinzipien:
Das Prinzip der Hoffnung:
Das Prinzip der Hoffnung in der Positiven Psychotherapie hilft den Patient*innen, den Sinn und Zweck ihrer Störung oder Herausforderung zu verstehen und sie positiv umzudeuten. Dadurch wird eine Veränderung der Sichtweise ermöglicht, die sowohl für den Patienten als auch für seine Umgebung von Bedeutung ist. Zum Beispiel wird Depression nicht nur als Krankheit, sondern als die Fähigkeit gesehen, tiefere Gefühle als Reaktion auf Konflikte zu erleben und auszudrücken. Symptome werden als Signale für eine Wiederherstellung des Gleichgewichts in den verschiedenen Lebensdimensionen der Patientin verstanden.
Das Prinzip der Balance:
Das Prinzip der Balance in der Positiven Psychotherapie erkennt an, dass trotz kultureller Unterschiede alle Menschen gemeinsame Bewältigungsmechanismen zur Konfliktlösung nutzen. Nossrat Peseschkian entwickelte mit dem Balancemodell einen dynamischen Ansatz, der vier grundlegende Lebensbereiche betont:
Körper/Gesundheit – psychosomatische Probleme
Leistung/Arbeit – Stressfaktoren
Kontakte/Beziehungen – Auslöser für Depressionen
Zukunft/Fantasie/Sinn des Lebens – Ängste und Phobien
Westliche Gesellschaften legen oft mehr Wert auf körperliches Wohlbefinden und beruflichen Erfolg, während östliche Kulturen stärkeren Fokus auf Beziehungen und Zukunftsperspektiven haben. Ungleichgewichte in diesen Bereichen können zu psychosomatischen Beschwerden führen. Jeder Mensch entwickelt individuelle Bewältigungsstrategien, doch eine dominante Konfliktbewältigung kann andere Methoden verdrängen. Konfliktinhalte wie Pünktlichkeit, Vertrauen und Geduld werden als Fähigkeiten betrachtet, die auf Liebe und Wissen basieren und können mit Freuds Modell von Es, Ich und Über-Ich verglichen werden.
Das Prinzip der Beratung:
Das Prinzip der Beratung in der Positiven Psychotherapie umfasst fünf Phasen, die Therapie und Selbsthilfe miteinander verbinden. Diese Phasen helfen dem Patienten und seiner Familie, die Krankheit zu verstehen und individuelle Lösungen zu finden:
1. Beobachtung und Distanzierung: Wahrnehmung von Wünschen und Problemen mit emotionaler Distanz
2. Inventarisierung: Reflexion über wichtige Lebensereignisse der letzten 5 bis 10 Jahre
3. Situative Ermutigung: Aktivierung innerer Ressourcen und Rückgriff auf frühere Erfolge
4. Verbalisierung: Ausdruck offener Konflikte und Probleme
5. Erweiterung der Ziele: Entwicklung einer zukunftsorientierten Ausrichtung nach der Problemlösung
Diese Phasen bieten einen strukturierten Ansatz zur Behandlung und Förderung des persönlichen Wachstums und der Zukunftsperspektiven des Patienten.
Forschung und Wirksamkeit Positiver Psychotherapie
Interventionen der Positiven Psychologie wie das Führen eines Dankbarkeitstagebuchs, Charakterstärken oder Achtsamkeitspraktiken wirken – auch in der Anwendung im klinischen Kontext. Eine Meta-Analyse von Chio und Kolleg*innen aus dem Jahr 2023 zeigt beispielsweise, dass Interventionen der Positiven Psychologie die Symptome von Patient*innen mit Psychose reduzieren und das Wohlbefinden steigern konnte. Eine andere Analyse deutet darauf hin, dass Personen vor allem von einer längeren Interventionsdauer von mindestens drei Monaten profitieren (Carr et al., 2020).
Grenzen und Kontraindikationen
Positive Psychotherapie darf nur von ausgebildeten Psychotherapeut*innen in die Anwendung gebracht werden. Dazu befähigt in Deutschland ausschließlich die Ausbildung zur psychologischen Psychotherapeutin oder zum systemischen Psychotherapeuten. Darüber hinaus ist zentral, Kontraindikationen im Blick zu behalten. So kann ein Format zur Steigerung von Dankbarkeit eine Depressionssymptomatik beispielsweise sogar erhöhen. Hier greift eine individuelle Entscheidung je nach Fall.
Fazit
Die Positive Psychotherapie betont die Bedeutung von positiven Emotionen, Stärken und Ressourcen, um das Wohlbefinden und die Resilienz von Klient*innen zu fördern. Sie bietet einen integrativen Ansatz, der sowohl die mentale als auch die emotionale Gesundheit stärkt und eine nachhaltige Veränderung im Leben der Patient*innen ermöglicht.
Quellen
Carr, A., Cullen, K., Keeney, C., Canning, C., Mooney, O., Chinseallaigh, E., & O’Dowd, A. (2020). Effectiveness of positive psychology interventions: a systematic review and meta-analysis. The Journal of Positive Psychology, 16(6), 749–769. https://doi.org/10.1080/17439760.2020.1818807
Choi, H., Shin, S., & Lee, G. (2023). Effects of Positive Psychotherapy for People with Psychosis: A Systematic Review and Meta-Analysis. Issues in Mental Health Nursing, 44(3), 180–193. https://doi.org/10.1080/01612840.2023.2174218
Peseschkian, N. (1987). Die fünf Behandlungsphasen der Positiven Psychotherapie. In: Positive Psychotherapie. Springer, Berlin, Heidelberg.
Als ich mich intensiver mit ganzheitlichen Ansätzen in der Gesundheitsförderung beschäftigt habe, wurde mir klar, wie wertvoll die Kombination aus moderner Psychotherapie und traditionellen Heilmethoden sein kann. Gerade im wachsenden Feld der Positiven Psychotherapie zeigt sich, wie wichtig es ist, Körper und Geist als Einheit zu betrachten. In diesem Zusammenhang bin ich auf TCM Zurich gestoßen – eine Praxis, die mit langjähriger Erfahrung in der Traditionellen Chinesischen Medizin arbeitet. Dort werden Akupunktur, Tuina-Massagen, Schröpfen und Kräutertherapie individuell abgestimmt eingesetzt, um körperliche und emotionale Beschwerden ganzheitlich zu behandeln. Solche Methoden können eine sinnvolle Ergänzung zur klassischen Therapie sein, besonders wenn man nach Wegen sucht, tieferliegende Ungleichgewichte im Körper sanft zu regulieren.